20 Jahre Leidenschaft für den Schwimmsport
Ein Gespräch mit Heidrun Pietsch über ihre beeindruckende Laufbahn als
Schwimmtrainerin im WSV.
Katharina: Heidrun, du blickst auf über 20 Jahre im Schwimmsport zurück. Wie fing alles
an?
Heidrun: Das war 2001, und ich muss ehrlich sagen – es war purer Eigennutz! Ich
brauchte das DLRG-Bronze für mein Sportstudium und eine gute Sportzensur für die Uni.
Mit den Vorkenntnissen des Frei-, Fahrten- und Jugendabzeichen bin ich in den
Schwimmverein eingetreten. Durch die Trainerin meiner Kinder konnte ich schnell in einer
Nachwuchsschwimmgruppe teilnehmen und die mir fehlenden Disziplinen erlernen.
Katharina: Du hast also praktisch bei null angefangen?
Heidrun: Nein, nicht ganz. Vorkenntnisse waren schon vorhanden. Trotzdem musste ich
die drei Disziplinen – Rücken, Kraul, Delphin, sowie die dazugehörigen Starttechniken und
Wenden dazulernen. Das durfte ich im WSV durchführen. 2003 – im Trainingslager
„Verwell“ durfte ich selbst miterleben, wie hart es ist zwei Mal pro Tag ins Wasser zu
steigen. Das Training im kalten Wasser war anstrengend und brauchte viel Kraft, Ausdauer
und Disziplin. Irgendwann wurde mir die Belastung zu viel und ich musste aufhören. Aber
dann habe ich am Beckenrand weitergemacht und die Schwimmer:innen mitbetreut.
Katharina: Wann wurde aus der Betreuung echtes Trainieren?
Heidrun: Nachdem ich alles gelernt hatte, fragte mich unsere Trainerin, Renate, ob ich
auch auf Wettkämpfen teilnehmen wolle. Trotz Lampenfieber, war da dieser Ehrgeiz und
der Spaß, sich zu beweisen und mit anderen zu messen, so dass ich fortan auch an WK
teilnahm. Die Gemeinschaft innerhalb unserer Gruppe war trotz großem Altersunterschied
großartig. 2004 habe ich meinen Kampfrichter gemacht, um die SchwimmerInnen zusätzlich auf WK
zu unterstützen.
Katharina: Und der Schritt zur Trainerin?
Heidrun: Sowohl damals als auch heute ergaben sich durch den Bedarf an
Übungsleitenden und Trainer:innen wertvolle Möglichkeiten – so fragte mich der Verein an,
ob ich Nachwuchsgruppen trainieren möchte. Gemeinsam mit Renate habe ich dann
schnell Nachwuchsgruppen trainiert. Ab 2006 hatte ich die Trainer C – Lizenz, so dass ich
zusätzlich eine Wettkampfgruppe übernahm.
Während der Sommerferien kamen noch Seepferdchen Kurse hinzu (Ein Kurs à 15 Tage:
6 Tage pro Woche).
2008 folgte das DLRG-Silber. Die Leitung der Gruppen und die Betreuung der
SchwimmerInnen auf den WK mit all seinen Erfolgen und Erfahrungen macht nach wie vor
riesigen Spaß!
Katharina: Du hast auch Trainingsfreizeiten organisiert. Erzähl von der ersten!
Heidrun: 2007 war unsere erste Freizeit in Itzehoe – das war die schönste überhaupt!
Warum? Es war die erste Freizeit, die Stimmung war voller Freude, die Eltern waren hilfsbereit.
Wir waren mit zwei Elternteilen und etwa 20 Kindern mit der Deutschen Bahn
hin und zurück gefahren. Vom Bahnhof Itzehoe bis zu Jugendherberge ging es zu Fuß
weiter. Die Jugendherberge war großartig, das Schwimmbadpersonal war sehr freundlich
und nach dem Training durften die Kinder eine große Rutsche unentgeltlich nutzen. Trotz
eines kleinen Unfalls waren die Kinder wissbegierig, machten zuverlässig mit und ließen
nichts aus. Abends herrschte bei Musik, Spiel und Malaktionen gute Stimmung. Somit
waren nicht nur die Kinder, sondern auch wir Erwachsenen sehr zufrieden.
Katharina: Was bereitet dir die größte Freude beim Training?
Heidrun: Das Leuchten in den Augen der Kinder, wenn sie etwas Neues gelernt haben,
wenn sie Bestzeiten auf Vergleichswettkämpfen geschwommen sind und diese Zeiten für
die BZM oder sogar für die LJM/LM ausreichten. Diese Begeisterung gibt mir die
Bestätigung, dass ich es richtig mache. Wenn Eltern sagen: „Das hat sie sich noch nie
getraut“ – das beflügelt mich und lässt mich weitermachen. Es ist ein gegenseitiges
Nehmen und Geben. Dieses Gefühl, gebraucht zu werden – vom Verein, von den Kindern
und Eltern – das möchte ich nicht missen.
Katharina: Gab es auch schwierige Zeiten?
Heidrun: Oh ja! Anfangs wusste ich nicht, wie man Staffeln zusammenstellt oder wer gut
ist. Manchmal fehlten mir Anleitungen und Begleitungen seitens der gestandenen Trainer.
Aber meine Stärke war es, selbst Lösungen zu suchen und Gespräche zu führen. Das hat
gewirkt, und ich konnte neu weitermachen. 2015 habe ich dann meinen Trainer B gemacht
für die intensive Förderung der Kinder und Jugendlichen. 2017 übernahm ich die
Verantwortung für die Wettkampfgruppe 1. Seitdem haben wir als Team eine Reihe von
sportlichen Erfolgen erreicht.
Katharina: Wie hat Corona deine Arbeit beeinflusst?
Heidrun: Corona war schlimm! Seit 2020 sind die Trainingszeiten und -häufigkeiten
rückläufig. Es gab gravierende Schäden: keine Trainingsmöglichkeiten,
Leistungseinbrüche, Fluktuation der Schwimmer:innen, fehlende Motivation. Der Aufbau
nach Corona war schwierig – viele Schwimmhallen waren geschlossen, so war es
mühselig, freie Zeiten zu finden. Die Gruppen waren durcheinander, wir mussten ständig
nach freien Schwimmzeiten suchen und die 1. Gruppe musste getrennt voneinander in
verschiedenen Vereinen an Trainingsstunden teilnehmen.
Katharina: Welche Herausforderungen siehst du heute?
Heidrun: Die größte Herausforderung ist, die Schwimmer:innen bei der Stange zu halten
und zu motivieren, sie nicht an andere Vereine oder andere Sportarten zu verlieren –
wegen Freund:innen, besseren Trainer:innen oder mehr Trainingseinheiten. Wenn ältere
Schwimmer:innen die Gruppe wegen Ausbildung, Studium oder Beruf verlassen, muss ich
die jüngeren Neuzugänge in die bestehende Gruppe integrieren, ohne dass der
Leistungsstand verloren geht. Das Gruppengefüge zusammenzuhalten und Neuzugänge
auf das bestehende Leistungsniveau der Gruppe zu bringen – das ist herausfordernd und
so manches Mal wirklich schwierig.
Katharina: Was hat dich in all den Jahren am meisten geprägt?
Heidrun: Nach so langer Zeit kann ich das nicht an einer Sache festmachen. Es sind so
viele schöne Erinnerungen an Schwimmer:innen, die ich über Jahre begleiten durfte und
die heute noch auf Meisterschaften schwimmen. Manche haben den Verein verlassen, um
auf Norddeutschen oder Deutschen Meisterschaften zu schwimmen – sie brauchten ein
Internat oder einen Verein, der mehr und intensiveres Training anbieten kann. Aber die
Verbindung reißt nicht ab. Diese Erfahrungen bleiben in einem drin. Die eigene Freude an
Sport, Bewegung und Gesprächen hilft mir im Umgang mit Kindern, Jugendlichen und
Erwachsenen.
Katharina: Wie siehst du deine Zukunft?
Heidrun: Was mich am meisten freut ist, dass ich weitermachen kann! Menschen freuen
sich auf mich und schätzen die Zusammenarbeit. Das ist eine neue Herausforderung mit
neuen Personen. Momentan ist das für mich im WSV nicht möglich, aber die
ereignisreichen Erinnerungen sprechen ihre eigene Sprache.
Katharina: Was wünscht du dem WSV?
Heidrun: Die Entscheidung zu gehen ist mir nicht leichtgefallen. Trotzdem wünsche ich
dem WSV alles Gute! Ich wünsche allen Mitwirkenden offene ehrliche Gespräche, aktives
Zuhören und Wertschätzung jedes Einzelnen, Durchhaltevermögen und einen baldigen
Aufschwung, damit der WSV wieder so stabil wird, wie er mal war.
Katharina: Gibt es noch etwas Besonderes zu erwähnen?
Heidrun: Ja, es soll noch eine Ehrung im August auf unserem Wettkampf geben. Das ist
eine schöne Geste zum Abschluss dieser intensiven Zeit.
Das Interview führte Katharina Ramm, am 27.05.2025